Die Fischereirechte an den Seen und ihre Fischer

Die ehemaligen fischreichen Seddiner Seen haben nicht nur eine wechselvolle Geschichte der Besitzverhältnisse zu bieten, sondern auch zu den Fischereirechten. Für die Bewohner der Dörfer Seddin und Kähnsdorf  waren die fischreichen Seen wirtschaftlich bedeutender als die Landwirtschaft, die auf den sandigen Böden keine großen Erträge erbrachte. Das Landbuch von 1375 enthält unter Seddin den Eintrag, dass die Nutzung des Seddiner Sees mit einem Kahnzinns belegt war.1 Im 15. und 16. Jahrhundert sind die Fischereirechte von den Seebesitzern in der Regel verpachtet worden.

Foto: Siegfried Paul
Teilansicht Fischergelände

„Im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts kam es zwischen der Stadt Beelitz und dem Herrn von Thürmen zum Streit um die Fischereigerechtigkeit auf den Seen der Region. Konnte Kurfürst Friedrich I. 1423 den Streit noch beilegen, flammte er 85 Jahre später wieder auf. 1510 bestätigte Joachim der I. der Stadt Beelitz in einer Urkunde das Fischereirecht auf dem Seddinsee und dem Kähndorfer See. Den Thümens sprach er den Blankensee, Fresdorfschen See und Riebener See zu.2  Im 16. Jahrhundert wurde von der Stadt Beelitz quasi ein Fischer bestimmt, der im kleinen Fließ an der Stadt, in dem bösen tiefen Teufelssee, als auch in den großen Seddinschen See, aber ohne Kahn, fischen durfte: den Einwohnern wurde dies nicht gewährt.3 Als 1670 die Stadt Beelitz den Seddiner See an den Großen Kurfürsten verkauft, wurden auch die Fischereirechte mit verkauft. Die Nutzungsrechte verwaltete nunmehr das kurfürstliche Amt in Saarmund. Im Jahr 1704 baten die Seddiner und Kähnsdorfer Bauern wegen der schlechten Ernten auf ihren kargen Äckern um Überlassung der „Zur-Fischerei“4 gegen einen Pachtzins von 20 Talern.5 Seitdem ist die „Fischerei“ in Seddin vermutlich  ohne Unterbrechung dort bis heute ansässig. Die Seddiner und Kähnsdorfer Bauern übten die „Zur-Fischerei“ wohl bis 1893 aus. Im Jahr 1893 kaufte Hermann Randewig mit einer Zahlung von 17263,00 Goldmark die Nutzungsrechte am See den Seddiner und Kähnsdorfer Bauern ab.6

Hermann Randewig entwickelte die Fischerei und die Bewirtschaftung der Seen  zu einem Produktionszweig. Neben der Fischerei wurde im Winter Schilf und Eis geschnitten. Das Eis wurde eingelagert. Das Schilf auf dem Fischergelände in einer Rohrweberei verarbeitet. Das Schilfschneiden war noch in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Teil der Winterarbeit der Fischer.7 Ältere Seddiner berichteten mir, das Hermann Randewig die Seeanreiner verpflichtete, einen Uferstreifen von 5 m zu pflegen. Diese Pflege gehörte zur jährlichen Arbeitsaufgabe. Die Seeanreiner hatten dies tief verinnerlicht, so dass sie die Uferstreifenpflege, obwohl die Seddiner Seenkette spätestens ab 1955 nicht mehr in Privatbesitz war, weiterhin durchführten. Nach 1960 mit der Kollektivierung der Landwirtschaft fühlten sie sich als LPG-Mitglieder nicht mehr zuständig für solche Arbeiten. Die Seerandstreifen, die zu den LPG-Feldern gehörten, begannen zu verwildern. Mit der Zeit verwilderten auch viele andere Seerandbereiche. Die beiden nachfolgenden Fotos sollen dies veranschaulichen. Auf dem rechten Bild steckt im Hintergrund ein 2 m-Zollstock, um einen Höhenvergleich zu haben. 

Fotos: Siegfried Paul
Verwilderte Randstreifen

Die Seddiner Fischer waren über viele Jahrzehnte sichtbares Symbol des Selbstwertgefühls der Seddiner, was auch an den Grabsteinen auf dem Friedhof nachweisbar ist. Die Gräber der Seddiner Fischer auf dem Seddiner Friedhof sind ebenfalls verwildert. Sie sollten von der Gemeinde gepflegt werden.   

Fotos: Siegfried Paul
Grabsteine Seddiner Fischer

Mit der Gründung der VEB Binnenfischereien wurden die Fischer Angestellte. Für Außenstehende war dies nicht sichtbar, dass sie jetzt „nur noch“ Angestellte waren. Das Angestelltenverhältnis blieb bis 1990 bestehen. Im Gliederungspunkt Besitzverhältnisse wurde schon über die Zuordnung der Seen in VEB Binnenfischereien geschrieben. Zu einem VEB Binnenfischerei gehörten mehrere Seen. Nach der Wiedervereinigung wurde der VEB Binnenfischerei Potsdam in eine GbR umgewandelt. Diese GbR gibt es noch heute.8 Die Fischerfamilie von Seddin ist Mitglied dieser GbR. Als die Seddiner Seen und der Kähnsdorfer See privatisiert wurden, wurden weder die GbR noch die Seddiner Fischer Besitzer der Seenkette.

Foto: Siegfried Paul
Vater und Sohn

Das Fischereigelände ist von der Gemeinde Seddiner See gepachtet. Neben den Seddiner Seen bewirtschaften sie auch den Caputher See.9

Der Fischervater ist Fischereimeister und jetzt fast 50 Jahre Fischer auf den Seddiner Seen. Er begann eine Fischerlehre 1972 in Seddin. 1972 hätten die Seddiner Fischer noch vom alleinigen Fischfang auf den Seddiner Seen leben können. Im Jahr 2020 ist das nicht mehr möglich. Der Fischervater schätzt ein, dass der Anteil der in den Seddiner Seen gefangenen Fische nur noch 10% des Umsatzes ausmacht. Der übergroße Anteil des Umsatzes wird durch Fischzukauf abgedeckt. Den Niedergang der Seddiner Seen hat er über die Jahre hautnah miterlebt. In meinen Gesprächen mit ihm habe ich ihn immer als einen „Vollblutfischer“ erlebt, der „seine“ Seddiner Seen nicht aufgibt nach dem Motto: die Hoffnung stirbt zuletzt. Mit seinem Sohn als Nachfolger wäre auch die Fischertradition in Seddin gesichert.   

1 Seddiner See Wikipedia.
2 Carl Schneider, Chronik der Stadt Beelitz.
3 Carl Schneider, Chronik der Stadt Beelitz
4 Wer kann helfen, was Zur-Fischerei „übersetzt“ heißt
5 Wikipedia, Primärquelle konnte nicht ermittelt werden
6 Wikipedia, Primärquelle konnte nicht ermittelt werden
7 Habe ich selbst als Kind noch gesehen
8 Die GbR hat eine eigene Homepage
9 Siehe Homepage der Fischerfamilie Fischerhof

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